Mittlerweile gibt es viele Frauen in der Videospielbranche. Aber ist das wirklich schon Normalität oder eher noch die Ausnahme? Gibt es in Zeiten wie heute immer noch Ressentiments gegenüber Frauen in bestimmten Branchen?
Bevor irgend jemand gleich wieder die DAGEGEN-Keule rausholt: Das hier soll weder ein Pro- noch ein Contra-Artikel zum großen Diskussionsbereich Feminismus werden. Nur so als Disclaimer.
Das Buisness der Videospiele ist eine Männerdomäne. Vor nicht allzu langer Zeit wurden Games von Männern gemacht und von Männern gezockt. Klar, es gab immer Ausnahmen, aber größtenteils waren Videospiele in männlicher Hand. Heutzutage hat sich das natürlich stark gewandelt. Mit dem Einzug der neueren Konsolen in die Wohnzimmer und dem wachsenden Markt der Casual-Games, scheut sich heutzutage keine Frau mehr, ein Pad oder ein Keyboard in die Hand zu nehmen, und selber mal ‘ne Runde zu daddeln. Ich will damit allerdings nicht sagen, dass es vorher nicht auch Frauen gab, die Spiele gezockt haben, es hat seither aufgrund der eben genannten Faktoren stark zugenommen.
Aber darum soll es heute nicht primär gehen. Denn ich will euch die Frauen in der Videospielbranche näher bringen, Programmiererinnen, Entwicklerinnen, Grafikerinnen und und und. Wie und mit wem hat das angefangen? Wie ist es heute?
Den brühmtesten Anfang machte Roberta Williams, die 1979 zusammen mit ihrem Ehemann Ken Williams den Entwickler On-Line Systems gründete, später bekannt unter dem Namen Sierra On-Line bzw. Sierra Entertainment. Williams ist damit Ziehmutter vieler Adventure-Titel wie z.B. Phantasmagoria, Time Zone oder der Reihe King’s Quest, an denen sie bis Teill VII sogar selbst programmierte.
Mie Kumagai arbeitete seit 1993 nicht nur als Produzentin für Segas AM3 (heutzutage passenderweise bekannt unter dem Namen Hitmaker) und hat so ihren Teil zu Arcade-Perlen wie Virtua Tennis und Crazy Taxi beigetragen, sie wurde 2003 sogar zu Präsidentin des Studios ernannt. Auch wenn das japanische Geschäftswesen für alles andere als Gleichberechtigung unter den Geschlechtern bekannt ist, beschäftigt gerade die japanische Videospielindustrie mehr Frauen als die westliche Konkurrenz. Dass Videospiele in Japan schon weitaus länger mit der Alltags-Kultur als im Westen integriert sind, spielt hier sicherlich eine Rolle.
Die Amerikanerin Amy Henning verhalf in den späten 90ern Crystal Dynamics und der Legacy of Kain-Reihe zu großem Ruhm. Nach der Mitarbeit am Erstling Blood Omen hielt sie bei den Nachfolgern Soul Reaver, Soul Reaver 2 und Defiance als Autorin, Produzentin und Game Director alle Fäden in der Hand. Die komplexen und erfrischend andersartigen Geschichten rund um Obervampir Kain, Racheengel Raziel und deren Kampf gegen die Kräfte des Schicksal begeisterten damals Millionen.
Endgültig an die Spitze der aktuellen Entwickler-Elite katapultierte sich Henning mit ihrem Wechsel zu Naughty Dog und der Veröffentlichung von Uncharted: Drakes Schicksal. Nicht nur überwachte sie als Kopf der Produktion den kreativen Entstehungsprozess von Nathan Drakes erster Schatzsuche und dem Nachfolger Uncharted 2: Among Thieves, auch die Geschichte um den Abenteurers stammen auch aus ihrer Feder.
Wenn wir uns die Videospielindustrie heute ansehen, dann gibt es vergleichsweise wenige bekannte Frauen hinter den Kulissen. Natürlich gibt es prominente Beispiele wie Tomb Raider-Autorin Rhianna Pratchett, Ubisoft Toronto Executive Jade Raymond, Portal Project Lead Kim Swift oder Halo 4 Producer Kiki Wolfkill. Aber auf jeden geläufigen Frauennamen in der Industrie lassen sich mindestens ein halbes Dutzend männliche Vertreter nennen. Aber warum ist das so? Denn heutzutage sollte man meinen, dass es keinen Unterschied mehr machen solle, welches Geschlecht oder Neigung jemand hat. Jedoch werden scheint das, trotz aller Aufklärung in einigen Köpfen immer noch keine Realität und Normalität zu sein. Denn wenn Frauen in dieses Buisness wollen, dann werden ihnen verschiedenste und nur schwer nachvollziehbare Steine in den Weg gelegt.
Von den Problemen, überhaupt erst einen Job zu bekommen bis hin zu ungleichen Gehältern für männliche und weibliche Entwickler, bevor man als Frau mit seinen Ideen und seiner Kreativität oder auch mit bloßem Können irgendwas verändern kann. Natürlich sehen sich auch männliche angehende Videospielentwickler mit Problemen konfrontiert. Irrational Games Level Designer Beth Beinke gab an, dass sie auf Events für ein Messebabe gehalten wurde anstatt für eine Repräsentantin ihres Studios, während LootDrop-Mitbegründerin und Game Designer Brenda Romero anmerkt, dass sie sich trotz 31 Jahren Erfahrung in der Videospielentwicklung auf der E3 nicht willkommen fühlen kann. Ein bekanntes negativ Beispiel ist da auch der Fall um Jennifer Hepler.
Sie war Senior Writer bei BioWare und hat an Dragon Age 2 mitgearbeitet. Aufgrund der Äußerung, dass sie sich manchmal wünsche, die Kampfsequenzen in RPGs überspringen zu können, ging ein Shitstorm sondergleichen auf sie los. Der Anfang dieser Schauergeschichte ging auf Reddit los, einige Leute haben ein Foto von ihr beleidigend bearbeitet und mit Schlagworten wie “Cancer Infection, Blight, Vermin, Disease, Sewage, Plaque, Waste” versehen, hochgeladen und in einem Post dazu geschrieben “Der Krebs der BioWare tötet.” Das Foto wurde nach ewigen Debatten von Reddit gelöscht, aber nur, weil Jennifer Hepler Drohanrufe zu Hause bekam. Danach bekam sie auf Twitter Aufrufe, dass sie Selbstmord begehen sollte und weitere Drohungen und Beleidigungen.
2013 verließ Hepler BioWare um ein Buch zu schreiben und sich Selbstständig zu machen.
Auch wenn man meinen sollte, dass es heutzutage eigentlich egal sein sollte, wer hinter meinem Lieblingsgame steht, gibt es genug Beispiele wo es leider nicht so ist. Es ist schwer, diese Vorurteile abzubauen, in dieser immer noch männerdominierten Branche. Aber es ist wichtig, dass es immer wieder Frauen versuchen, nicht aufgeben und am Schluss erfolgreich sind. Nur so sollte man diese, für die meisten Menschen eigentlich schon gar nicht mehr existente Problematik irgendwann aus der Welt schaffen können.
Die bereitsgenannte Kim Swift, Project Lead von Portal, setzt sich beispielsweise für eben dieses Thema ein und nutzt ihren Ruhm effektiv. Sie habe einen geheimen Wunsch: immer, wenn sie in der Öffentlichkeit stehe, hoffe sie, dass da draußen ein kleines Mädchen zuschaut und zu sich sagt: ‘Oh, auch Mädchen können Spiele entwickeln.’ Man könne dieses Problem nicht von heute auf morgen ändern; und erwachsene Menschen würden ihre Meinung und innere Überzeugen ohnehin nicht einfach so ändern, nur weil man ihnen etwas vor Augen halte.
Also, wie seht ihr das? Sollte man das Thema endlich mal ruhen lassen? Besteht eurer Ansicht überhaupt kein Problem mehr? Oder sollte man, solange es noch Ungerechtigkeit gibt nicht aufhören, darüber zu reden? Schreibt mir eure Meinung darüber!
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