Wolfenstein – The New Order

Was wäre, wenn die Nazis den zweiten Weltkrieg gewonnen hätten?

Ein Mann, ein gegnerisches Regime und viel Blut – Willkommen in der Welt von Wolfenstein – The New Order.  Der neue Shooter von Publisher Bethesda versucht vor allem, durch alte Spielmechaniken und viel Action zu Punkten. Doch reicht das aus, um das neueste „Wolfenstein“ wirklich empfehlen zu können?

Ihr  spielt den amerikanischen Soldaten B.J. Blazkowicz, der im Krieg  1946 versucht, mit seinem Bataillon „das Regime“ zu stürzen und so wieder Frieden nach Europa zu bringen.  Das Regime ist eine faschistische Regierung, die versucht, die Welt für sich einzunehmen. Durch verschiedene Technologien ist es der Gruppierung gelungen, große Kriegsroboter und ähnliche Robotersoldaten zu bauen. Bei einer Operation von Blazkowicz, die den feindlichen „Dr. Totenkopf“ stellen soll, wird seine Truppe vom Doktor festgenommen, der sie für schreckliche Experimente nutzen will.  Es gelingt Blazkowicz und seinen Männern zu flüchten – nur um wenig später durch einen Unfall ins Koma zu fallen.

Als er aus dem Koma wieder aufwacht, sind 14 Jahre vergangen – er befindet sich in einer Nervenklinik in Polen und wird gepflegt. Vor allem kümmert sich Anja um ihn, die Tochter des leitenden Arztes der Klinik. Sie spricht immer wieder mit Blazkowicz, obwohl er im Wachkoma liegt. Er nimmt seine Umwelt wahr und bemerkt, dass das Regime den Krieg gewonnen haben muss, da die Soldaten immer wieder Halt in der Klinik machen, um Patienten mitzunehmen. Bewegen kann er sich aber nicht.

Als die faschistische Regierung  die Nervenklinik schließen will und alle Mitarbeiter und Patienten umbringen lässt, schafft Blazkowicz es, sich aus seinem Wachkoma zu befreien und legt wieder da los, wo er 1946 aufgehört hat: Regime-Arsch treten.

Um nach diesem Story-Einschub eines vorweg zu nehmen:  Selbstverständlich ist die deutsche Fassung von Wolfenstein – The New Order an den deutschen Markt angepasst. In der Originalfassung ist „das Regime“ das nationalsozialistische Deutschland im zweiten Weltkrieg. Außerdem wurden alle verfassungswidrigen Symbole aus dem Spiel entfernt und durch das Wolfenstein-W ersetzt.  Diese „Zensierung“ ändert aber nichts am Gameplay, dass Spiel ist sonst ungeschnitten und enthält Blut – sehr viel Blut.

Was Euch erwartet ist ein Ego-Shooter, der vor Action nur so strotzt. Schlauchige Levels, große Gegnerschwärme und Geheimgebiete , die es zu entdecken gilt, erwarten Euch in jedem Kapitel.  Mit Blazkowicz seid ihr eine Ein-Mann-Armee, die nahezu im Alleingang versucht, die gegnerische Regierung zu vernichten. Hört sich ein wenig plump und dumm an, kommt aber sehr charmant daher. Die Level sind sehr detailreich aufgebaut und kaum eine Ecke sieht aus wie die Nächste.

Die Steuerung von Wolfenstein ist sehr gut gelungen. Ihr habt am PC die Auswahl zwischen Tastatur- und Maussteuerung oder Controller – beides funktioniert einwandfrei. Das Zielen mit Waffen ist sehr gut umgesetzt. Während ich bei einigen Shootern immer wieder das Gefühl bekomme, dass meine Eingaben nicht 1:1 umgesetzt werden und Zielen reine Glückssache ist, hat Wolfenstein dieses Charmante „alle Schüsse gehen geradeaus“-Feeling, dass vielleicht nicht das realistischste Modell ist, mir beim Spielen aber am meisten Spaß macht.

Eine weitere Mechanik, die es schon länger nicht mehr in Shootern gegeben hat, sind Medipacks. Wer mit dem Wort nichts anfangen kann: Das sind kleine Gesundheitspakete, die überall im Spiel verteilt sind, da sich eure Gesundheit nicht von alleine wieder auflädt – zumindest nicht vollständig. Je nachdem, wie viele Leben ihr noch habt, füllen sich stets 1/5 wieder auf. Die Lebenspakete hingegen können sogar noch mehr HP geben, als eigentlich möglich – ebenfalls ein Überbleibsel aus klassischen Ego-Shootern.

Das klingt jetzt für einen Battlefield oder Call of Duty-Spieler ungewohnt, macht Wolfenstein aber in diesem Augenblick zu einem neuen Erlebnis. Es gibt zwar die angesprochene Mini-Erholung, die ist aber nahezu irrelevant. Wer nicht überall im Level nach solchen Medipacks ausschaut, der ist schnell hinüber und muss am letzten Checkpoint weitermachen. Ich habe selber gemerkt, wie sehr ich es gewohnt bin, einfach alle zwei bis drei Minuten hinter einer Ecke zu warten, damit ich wieder volle Gesundheit habe. Da vertraut Wolfenstein auf die guten, alten Shootermechaniken.

Was dafür sehr modern ist: ein Vorteilssystem.  Ihr könnt Euch Verstärkungen und Waffenupgrades freischalten, in dem ihr Gegner auf bestimmte Art und Weise aus dem Spiel nimmt. Wenn ihr zum Beispiel fünf verschiedene Gegner aus einem Hinterhalt ausschaltet, macht ihr ab sofort mehr Schaden aus Verstecken heraus. Insgesamt werden diese Belohnungen in vier Kategorien eingeteilt: Heimlichkeit, Taktik, Angriff und Zerstörung. Viele von diesen Vorteilen könnt ihr schon sehr früh im Spiel freispielen – darauf ankommend, wie ihr spielt.

Für Sammler und Erkundungsfreudige gibt es obendrauf einiges an Kram zu finden. Seien es alte Aufnahmen, goldene Objekte oder Upgrades für die Rüstung. Die Platten spielen natürlich auf alte Künstler an und wie sie in einer faschistischen Welt ausgesehen hätten. Die goldenen Gegenstände sind dazu da, um den Sammlertrieb zu befriedigen und haben keinen weiteren Nutzen. Die Rüstungsupgrades sorgen dafür, dass man mit jedem Mal aufnehmen von Panzerung 10% mehr Schutz bekommt – also unbedingt danach Ausschau halten!

Einen Mehrspieler-Modus gibt es übrigens nicht. Stattdessen hat sich der schwedische Entwickler MachineGames voll und ganz auf die Geschichte konzentriert. Diese ist mal eben über zehn Stunden lang. Selbst geübte Zocker sollten einiges an Zeit brauchen, bis sie eines der Enden sehen. Apropos: Ganz am Anfang müsst Ihr Euch entscheiden, wie die Geschichte weiter verlaufen soll. Wie genau, wollen wir nicht verraten. Aber durch diesen kleinen Kniff, gibt es einen guten Anreiz erneut zu spielen, um die Unterschiede zu entdecken.

Und am Ende noch einen klitzekleinen Spoiler zu einem Easter Egg. Wer nicht lesen möchte, geht jetzt einfach weiter zu Grafik: Alle anderen dürfen im Level “Versteck” ganz oben auf den Dachboden rennen und zur Matratze in der hintersten Ecke gehen. Hier kann man sich hinlegen und mit einem Mal ist man im ersten Wolfenstein Spiel drin – in der deutschen Version aber ebenfalls komplett zensiert.

Grafik

Schön anzusehen ist Wolfenstein ja schon – gerade durch eine starke Licht-Engine sind Lichter und Lampen besonders gut in Szene gesetzt. Auch die großen Kampfroboter versetzen einen schon kurz ins Staunen.  Die feindlichen Soldaten besitzen auch sehr viele kleine Details, außerdem ist die Spielwelt nur so  vollgepackt mit Schildern und anderen Hinweisen. Ich habe mich sehr oft erwischt, wie ich vor jedem Schild stehengeblieben bin, um es mir durchzulesen.

Was nicht so schön ist: ein konstantes Tearing.  Egal wie sehr man in den Einstellungen herumspielt: in fast jedem Level gibt es seine Augenblicke, wo ein konstanter Artefakt das schnelle Umherziehen mit der Waffe begleitet. Auch auf einem zweiten Testsystem bleibt der Fehler vorhanden – es bleibt zu hoffen, dass durch einen Patch so ein Problem gelöst wird.

Darüber hinaus sind die Boden- und Wandtexturen teilweise krass matschig, was das Gesamtbild der ansonsten schicken Grafik ein klein wenig trübt.

Sound

Eigentlich bin ich ein großer Gegner von deutscher Synchronisation bei Spielen – aber Respekt: Wolfenstein – The New Order hat richtig tolle deutsche Sprecher bekommen. In jeder Situation macht es Spaß zuzuhören, die Emotionen (wenn es denn welche gibt) werden richtig transportiert und es kommt kein Augenblick von Langweile in der Spreche der Figuren vor. Was leider nicht so schön ist: Oft wirken die Zwischensequenzen wie schlecht synchronisierte Homeshopping-Spots. Die Lippenbewegungen der Figuren sind nur selten synchron mit dem Sound. Da gewöhnt man sich zum Glück schnell dran – Schade ist es trotzdem.

Ein weiteres Highlight sind die angesprochenen Platten, in dem Fall die Käfer – eine Parodie auf die „Die Beatles“, die im Spiel zu finden sind. Ansonsten ist die Soundkullisse passend, gerade die etwas derberen Elektro-Stücke, wenn es im Spiel zur Sache geht passen gut.

Fazit

Für mich ist Wolfenstein – The New Order eine Reise zurück gewesen – in der Ego-Shooter noch anders funktioniert haben als heutzutage. Mir hat es unglaublich Spaß gemacht, gegen große Soldatenhorden anzukämpfen, nicht auf Realismus zu achten sondern auf Spielspaß.  Der war bis zum Ende da. An einigen Stellen hatte ich zwar das Gefühl, die Entwickler wollen jetzt mit der Brechstange Gefühle in die Story packen, dass macht Wolfenstein aber nicht zu einem schlechteren Shooter. Unterm Strich: Solider Shooter, ordentliche Portion Ironie, rund 15 Stunden Spielspaß für einen Durchlauf.

(Geschrieben von: Robin)

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Das Urteil

8.0Sehr gut

Das Gute: + tolles Setting und Atmosphäre
+ tolle deutsche Synchro
+ viele Geheimnisse, die entdeckt werden können
+ Waffen-Engine

Das Schlechte: -Synchro leider nicht synchron
-konstantes Tearing auf dem PC
-KI manchmal strunzdoof
-Story manchmal etwas… „seltsam“

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Julian

Liebt und lebt Videospiele, unterzieht sie Härtetests und streamt auch gerne mal.
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