Gastbeitrag von „Nicolas H.“
Das Horrorgenre ist faszinierend – Ob in Buch, Hörspiel oder Film, seit über einem Jahrhundert begeistert der moderne Horror Millionen von Schauerlustigen. Maßgeblich beeinflusst von Autoren wie Edgar Allan Poe, H.P. Lovecraft und Bram Stoker entwickelten sich über die Jahrzehnte verschiedenste Ausprägungen und Spielarten des Horrors. Heute ist das Genre aus unserer Popkultur nicht wegzudenken, jedes Kind kennt Frankensteins Monster oder weiß, wer Dracula ist. Da kommt Betrayal at House on the Hill genau richtig.
Das Brettspiel Betrayal at House on the Hill wurde Jahre 2004 von Avalon Hill veröffentlicht und lässt den Spieler in die aufregende, unvorhersehbare und faszinierende Welt der beliebtesten Horrorgeschichten abtauchen.
Zur Story
Das Spiel dreht sich um das namensgebende „Haus auf dem Hügel“, das der Prototyp eines jeden verlassenen, verfluchten Schlösschens zu sein scheint. Als Teil einer maximal sechsköpfigen Gruppe erkunden die Spieler nach und nach das Gemäuer, entdecken Geheimnisse und treffen auf allerlei seltsame Vorkommnisse. Doch wie in jedem guten Horrorfilm gibt es auch unter den Helden einen, der nicht ist, was er zu sein scheint. Und so wandelt sich das fröhliche Erkunden schnell zu einer Jagd ums nackte Überleben.
Der Spielbeginn
Die Spieler starten kooperativ mit dem Ziel, das Spukhaus zu erkunden. Dazu wählt jeder Spieler zu Beginn den Charakter seiner Wahl. Zur Auswahl stehen 6 Figuren, die alle Horrorklischees bedienen und auf je zwei Arten gespielt werden können. So kann der gebrechliche, alte Mann entweder ein Priester mit einer Vorliebe für alten Wein oder aber ein verrückter Forscher, der sich bestens mit Folklore auskennt sein. Die Charaktere zeichnen sich durch verschiedene Werte sowie Hobbies aus und spielen sich dadurch recht unterschiedlich.
Nach der Charakterwahl starten die Entdecker gemeinsam in der Eingangshalle des Hauses und können von dort aus die drei Ebenen – Erdgeschoss, Obergeschoss und Keller – nach Belieben erkunden. Dabei wird das Spielfeld nicht im Vorfeld aufgebaut, vielmehr wird bei jedem Durchschreiten einer Türe ein zufälliger Raum vom vorher gemischten Raum-Stapel gehoben und angelegt. Dadurch ist tatsächlich jede Partie einzigartig, da man nie weiß, welchen Raum man gleich betritt – Das sorgt für Wiederspielwert.
In den Räumen warten – ebenfalls zufällige – Gegenstände oder Waffen auf den glücklichen Finder, aber auch besondere Ereignisse, die zumeist unangenehmer Natur sind. So kann es sein, dass sich die Wände des Raumes kurzerhand in lebendes Fleisch verwandeln, die den Spieler einsaugen und an anderer Stelle anders wieder ausspucken oder urplötzlich ein wabernder, aggressiver Nebel auftaucht, der Schaden verursacht.
Der „Spuk“
Während des Spiels finden die Spieler nach und nach Omen – besonders mächtige Gegenstände. Je mehr dieser Omen gefunden werden, desto wahrscheinlicher ist es, dass sich das Haus gegen die Entdecker wendet.
Ist eine gewisse Anzahl an Omen gefunden und meint es das Schicksal schlecht mit den Spielern, beginnt schließlich die zweite Phase des Spiels. Ab jetzt fühlt man sich an all die Horrorfilme seiner Jugend lebhaft erinnert, denn nun wandelt sich das Spiel vom kooperativen Miteinander zum knallharten Kampf ums Überleben.
Abhängig vom Fundort und der Art des letzten, gefundenen Omens entscheidet sich, welcher „Spuk“ nun beginnt.
Diese Szenarien sind den verschiedensten Horrorvorlagen entnommen und alle nahezu einzigartig. Ob Geisterjagd, Dämonenbeschwörung, Flucht vor einem unaufhaltsamen Killer oder Kampf gegen widernatürliche Aliens, es gibt kaum ein Szenario, das die Macher nicht bedacht haben.
Mit Enthüllung des jeweiligen Szenarios entpuppt sich einer der Spieler zum Verräter und arbeitet fortan gegen die verbleibenden Helden. Weder der Bösewicht noch die Helden wissen bis zu diesem Zeitpunkt, wer der Verräter ist und was dessen Ziel sein könnte.
Interessant ist das Ganze vor allem deshalb, weil aus der Kombination der verschiedenen Charaktere, Räume und Gegenstände nie vorauszuahnen ist, wer nun der „Böse“ ist und wann welcher Spuk beginnt.
Langzeitmotivation / Balancing
Bezüglich der Langzeitmotivation ist das Spiel ein zweischneidiges Schwert:
Einerseits liegt in dem zufälligen Aufbau des Spielfeldes und der Unvorhersehbarkeit des zu erwartenden Spuks sehr viel Abwechslung.
Andererseits jedoch sind logischerweise die einzelnen Räume doch immer dieselben und hat man einmal ein Event abgehandelt, dann ist es beim nächsten Mal nur halb so spannend.
Auf lange Sicht motiviert deshalb nicht unbedingt das Spielfeld, sondern vor allem der Spuk. Denn die Spieler müssen sich bei jedem Szenario anders verhalten und andere Bedingungen erfüllen. Mal gilt es zu fliehen, mal zu kämpfen, teils mit Zeitdruck, teils ist der Verräter das eigentliche Opfer. Für Veteranen ist deshalb weniger die Vielfalt interessant, sondern das taktische Element, das sich von Szenario zu Szenario unterscheidet und stets herausfordert. Nur selten ist eine der Parteien klar im Vorteil und durch geschicktes Taktieren und Bluffen kann auch ein aussichtslos geglaubtes Spiel gewonnen werden.
Falls man es dann tatsächlich geschafft hat, die über 50 verschiedenen Szenarien durchzuspielen, dann wartet Ende 2016 die erste Erweiterung „Widows Walk“ auf uns und liefert quasi mehr von allem, inklusive eines Dachstocks, der bisher nicht erkundet werden konnte.
Die Ausstattung
Das Spiel beinhaltet neben den sechs bemalten Spielfiguren und acht Würfeln diverse Karten mit Events und Gegenständen, eine Vielzahl verschiedener Marker sowie 44 Karten für die jeweiligen Räume des Spukhauses. Die Verarbeitung ist recht hochwertig, allein die Bemalung und Qualität der Figuren erreicht im Vergleich zu Spielen wie „Zombicide“ oder „Villen des Wahnsinns“ maximal Mittelmaß.
Fazit
Das bisher nur auf englisch erhältliche Betrayal at House on the Hill nimmt uns erfolgreich mit in die Welten all der Horrorgeschichten, die wir kennen und lieben. Jede Partie erzählt dabei ihre eigene Geschichte, an die man sich auch beim nächsten mal gerne zurückerinnert („Weißt du noch, als das kleine Mädchen eigentlich das Alien war und wir von dem fremden Planeten fliehen mussten? Oder als der alte Priester aus Versehen den Dämon beschworen hat?“) und erwischt sich quasi ständig selbst beim Character-Acting. („Warum geht die Blondine mit dem Quarterback allein in Richtung Schlafzimmer?“)
Wer des Englischen auch nur ein wenig mächtig ist, der sollte sich das Spiel definitiv anschauen. Der Umfang ist enorm und die Spielidee erfrischend unverbraucht. Das Spiel gibt es ab 34,00 EUR auf Amazon.
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