Warhammer 40k ist wohl jedem ein Begriff. Ihr wisst schon, viele Würfel und Plastikmännchen und -monster, die sich (mit viel Vorstellungsvermögen) in epischen Schlachten bekriegen.
Space Hulk dürfte da schon unbekannter sein. Der Ableger des original Warhammer 40k ist erstmals 1989 auf Küchentischen in der ganzen Welt gespielt worden. Heute, nach mehr als 20 Jahren, werden die letzten Exemplare des mittlerweile eingestellten P&P-Spiels für mehr als 300€ gehandelt. Seitdem gab es zwei offizielle und mehrere inoffizielle Videospiele, die sich aber keiner großen Bekanntheit erfreut hatten. Als dritter Entwickler hat nun auch Full Control das Grün für einen Space Hulk-Titel von Games Workshop erhalten.
Irgendwo in einer weit, weit entfernten Galaxis driftet das Schiffswrack der riesigen Sin Of Damnation durch den Weltraum. Seit jahrhunderten verschollen ist der Gigant nur noch eine Brutstätte für blutrünstige Aliens, die als Tyraniden bekannt sind. Da diese Schiffe eine Gefahr für die Menscheit darstellen, wurde eine Kompanie Space Marines beordert, das Wrack zu entern und von allem zu säubern. Dabei müssen sich die schwer gepanzerten Terminatoren der Space Marines durch enge Gänge und Horden von Monsters schießen um ihre Aufgabe zu erfüllen.
Soviel zur Theorie. Wie sieht die Praxis aus? In der 15 Missionen langen Kampagne steuert man zwischen zwei und zehn Terminatoren rundenbasiert durch die Gänge und Räume des Space Hulks. Wie man von alten rundenbasierten Spielen kennt, hat jede Figur eine Anzahl von Aktionspunken, die fürs Laufen, Schießen und Interagieren verbraucht werden können. Nach jeder Runde hat die Tyraniden-KI die Gelegenheit, neue Einheiten an Einstiegspunken zu platzieren und die Aktionspunkte vorhandener Einheiten zu benutzen. Meißt ist der Space Marine-Spieler dabei unter Zeitdruck und muss sein Auftragsziel erfüllen, bevor seine Truppen überwältigt werden. Die schwerbewaffneten Terminatoren sind anständige Schützen, stellen sich aber im Nahkampf an, wie ein Phantomime beim Buchstabierwettbewerb.
Ein einziger Zug kann dabei ziemlich lange dauern. Die Terminatoren humpeln im Schneckentempo durch die Gänge, drehen sich noch langsamer und sobald man eine komplexere Aktion (z.B. Schießen) anfängt, verliert man die Fähigkeit, mehrere Terminatoren gleichzeitig zu Bewegen. Als Resultat muss man sehr viel mehr Zeit und Geduld aufwenden, als nötig gewesen wäre. Zumindest die Computer-KI macht Dampf und schafft es, ihre Züge relativ schnell abzuschließen. In einem Multiplayer-Duel sieht das aber anders aus.
Obwohl man in allen Missionen Kontrolle über die selbe Truppe an Soldaten übernimmt, macht es nichts aus, wenn einige davon sterben. Sie werden auf magische Art nach der Mission wiederbelebt. Da ist es nicht verwunderlich, dass die Figuren auch keine Erfahrung oder Ähnliches sammeln; nicht mal Kill Count wird gespeichert. Ein paar Kleinigkeiten, wie gespeicherte Statistik oder Auszeichnungen für außergewöhnliche Marines, würde ein bisschen mehr Farbe in das Spiel bringen.
Multiplayer
Im Moment gibt es nur die Möglichkeit für Versus-Matches. Dabei kann man einzelne Missionen der Kampagne online spielen, es gibt allerdings keine Skirmish-maps. Ohne einen Karteneditor ist die Anzahl der spielbaren Level also auf etwas mehr als ein Dutzend begrenzt. Ein bisschen wenig für Langzeitspaß. Als hübsche Spielerei erlaubt Space Hulk, über verschiedene Platformen zu spielen. Ein Match, was man am heimischen Computer angefangen hat, kann später auf dem iPad weitergeführt werden. Nicht beendete Matches werden bei Verlassen pausiert und abgespeichert. Wir hatten leider nicht die Möglichkeit dies auszutesten, vertrauen aber einfach mal darauf, dass es funktioniert. Der Entwickler hat außerdem Versprochen, so schnell wie möglich einen Co-op Modus in das Spiel zu patchen, der es einem erlaubt, zusammen gegen die KI zu spielen. Hoffentlich steht auch ein Missionseditor auf ihrer To-Do-Liste.
Grafik und Sound
Wie auf den Screenshots erkennbar, ist die Grafik nichts besonderes. Im Gegenteil – das Fehlen von Lichteffekten oder Special Effects lässt die Welt sehr öde aussehen. Kampfanimationen sind träge und Kugeln fliegen schonmal gerne durch Wände. Als kleinen Lichtschimmer kann man aber mit Recht behaupten, dass sich der Grafikstil sehr genau an Warhammer 40k hält. Überall kann man die imerialen Insignien oder andere Wappen erkennen und die Gänge und Räume sehen tatsächlich so aus, wie man sich einen 40k Space Hulk vorstellen kann. Besonders die relativ detailreichen Terminatoren sehen stattlich aus, selbst wenn man näher ranzoomed.
Das Hauptmenü begrüßt den Spieler mit – für Warhammer – typischer orchestralischen Untermalung. Mich wundert es dabei nur, warum man im Spiel selbst nicht ein Fünkchen Musik zu hören bekommt. Bis auf ein wenig Ambiente und den Geräuschen der Figuren ist das Spiel absolut still. Richtig unangenehm wird es dann, wenn sich ein paar der Soundprobleme manifestieren und Schusswaffen plötzlich keinen Ton mehr von sich geben. Ich habe wirklich gedacht, meine Boxen wären ausgefallen – aber es war doch nur das Spiel.
Ein Wort zum Brettspiel
Dieser Titel ist, soweit ich das beurteilen kann, so nah wie möglich am Original gehalten. Bei jeder Aktion werden Würfelergebnisse simuliert, die angeben, ob man Erfolg hat oder nicht. Das macht das Spiel unglaublich zufällig. Mit ein bisschen Pech muss man fünf oder sechs mal auf einen armseligen Genestealer schießen, um ihn endlich zu erwischen. Ein anderes mal heißt es fünf Schuss, fünf Treffer. Mit viel Pech können manche Waffen auch einfach explodieren und den Träger in Stücke reißen – damit ist das Match dann auch eigentlich vorbei. Kundige Warhammerspieler wird das nicht überraschen, aber ich bezweifle, dass dieses Design zeitgemäß ist. Spiele haben in den letzten 20 Jahren große Fortschritte gemacht und ich glaube, dass eine moderne Interpretation des alten Brettspiels eine bessere Idee gewesen wäre.
Fazit
Ultimativ ist Space Hulk eher eine Enttäuschung als eine Enthüllung. Ein halbes Jahr länger in der Spieleschmiede und wir hätten vielleich ein hübsches, kleines Nieschenspiel vor uns. Im jetzigen Zustand, mit all den unfertigen Ecken und Enden, ist es wohl nur für Die-Hard-Fans eine gute Investition – und das auch nur, wenn man noch einen Freund kennt, der mitmachen will. Alle anderen werden wohl nicht genug Spielspaß aus dem Titel holen können, um den Kauf des 28 Euronen teuren Spiels zu rechtfertigen – doch für den nächsten Steam Sale können Interessierte Space Hulk im Hinterkopf behalten.
Das Urteil
Julian B.
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